In diesem Blogbeitrag möchte ich endlich einmal über das Thema Schuld und Scham sprechen bzw. werde ich auf die Scham eingehen.

Vielleicht kannst du erahnen, wie groß und aufgeladen dieses Thema ist. Schließlich verbinden wir einiges mit beiden Begriffen.  Wenn du Schamgefühle kennst, weil du z.B. schnell Scham empfindest oder weil du dich schämst für das, was du erlebt hast, dann ist dieser Beitrag auf jeden Fall das Richtige.

Ich möchte erst ein bisschen allgemeiner auf Scham eingehen und dann explizit, warum Scham im Kontext von dysfunktionalen Beziehungen besonders problematisch ist.

Schuld und Scham sind Emotionen, die uns im alltäglichen Miteinander begleiten. Jeder kennt diese Gefühle bzw. dieses Erleben. 

Wenn wir als Kinder allmählich verstehen, dass es ein Ich gibt (so etwa mit 2 Jahren), dann beginnen wir auch Scham zu entwickeln.

Scham hat natürlich auch eine ganz stark soziale Funktion. Es ist also mitunter sehr gut, Scham zu empfinden, damit wir uns an Normen und Regeln des Miteinanders halten.

Wie stark Schuld- und Schamgefühle sind, hat aber auch sehr viel mit der eigenen Biografie zu tun.

In Coaching und Therapie sind das häufig komplexe Themen, mit denen viele KlientInnen oder PatientInnen kämpfen. 

Das emotionale Erleben von Schuld und Scham ist sehr unangenehm.

Schuld und Scham rangieren mit Emotionen wie Wut, Ohnmacht und Hilflosigkeit auf der Liste der Emotionen, die wir am liebsten vermeiden wollen. Verständlich, dass wir diese Emotionen am liebsten loswerden würden – dennoch sind beide Emotionen bzw. alle Emotionen immens wichtig für den Menschen.

Es ist auf jeden Fall interessant, sich anzuschauen, welche Aufgabe eine Emotion für unser Leben hat. Man kann sich an der Stelle auch bewusst machen, dass Emotionen uns helfen, uns als Kinder an Situationen anzupassen oder zu überleben. Emotionen sind wertvoll und wir brauchen die Vielfalt um ein gesundes und wertvolles Leben, leben zu können.

Bei Schuld und Scham ist das Erleben dennoch nicht ganz leicht, weil sie schwierig auszuhaltende Gefühle sind. Oft ist die Scham das Problem und nicht das, wofür man sich schämt. Die Scham kann verhindert, dass man sich öffnet, über das Problem spricht und sich an jemanden vertrauensvoll wendet.

Oft widmen Menschen sich der Scham eher kognitiv und beschreiben ein Erleben, gehen aber nicht auf die Gefühlsebene und fühlen sie auch nicht körperlich, da das, wie gesagt, so unangenehm ist. Scham gehört zu den Emotionen, die wir körperlich sehr stark wahrnehmen können. Es wird einem heiß, man hat ein Kribbeln, man fühlt wie einen Schlag in den Magen, man wird rot etc.

Allerdings schaffen wir es gerade durch das Erleben von dem, was wir dann fühlen, an die eigentlichen Bedürfnisse dahinter zu kommen. Das hat positive Auswirkungen auf unser (psychisches) Wohlbefinden.

Es ist also wichtig zu verstehen, dass auch hinter den Gefühlen von Scham und Schuld irgendwelche wichtigen Bedürfnisse stecken – dann können wir möglicherweise besser mit diesen Gefühlen umgehen.

Es gibt Menschen, die sich übermäßig viel schämen oder die Vorstellung haben, dass sie sich so verhalten könnten, dass es beschämend ist.

Wenn wir z.B. nicht richtig gelernt haben, mit unseren Emotionen umzugehen, kann es sein, dass ein Übermaß an Scham und Schuld entstehen.

Hier ist mir wichtig zu sagen, dass bei einem starken Schamthema, sicherlich ein Blick in die Vergangenheit wichtig ist. Vielleicht gab es hier viele Beschämungen in der Kindheit.

Auch bei Missbrauchserfahrungen, Traumata, Vernachlässigung haben Menschen oft ein erhöhtes (zu hohes) Schamgefühl.

Anhaltende Traumatisierung kann zu Teilnahmslosigkeit gegenüber anderen Menschen und der Umwelt sowie eine Gleichgültigkeit in Bezug auf die eigene Person auslösen. Dies kann als innerer Distanzierungsmechanismus verstanden werden, der vor weiteren Beschämungen, Verletzungen und erneuten Reizüberflutungen einen durchaus schützenden Charakter hat. Die Folgen dieser inneren Distanzierung gehen einher mit dem Verlust von Selbstachtungs- und Selbstfürsorgeverhalten. Stattdessen lassen sich häufig Selbstabwertung und Selbstverletzungen finden, die wiederum Scham und Schulderleben auslösen und aufrechterhalten.

Viele Menschen, die ich coache haben genau damit zu kämpfen. Menschen sind oft von der Scham gehemmt und getrauen sich nicht über das, was sie erlebt haben zu sprechen.

An der Stelle möchte ich gerne, dass du verstehst, dass die Scham eine Begleiterscheinung ist und dass man sich der Scham auch nähern kann und diese aushalten/überwinden kann.

Vor allem, wenn es darum geht, einen Heilunsgweg einzuschlagen.

Das bedeutet also – nur weil du dich vielleicht sehr schämst über etwas zu sprechen, bedeutet das nicht, dass du beschämt wirst, sobald du es aussprichst. Für eine Person von außen gibt es da vielleicht gar nichts, wofür man sich schämen könnte. Die Scham impliziert aber eben die Angst, dass das Gegenüber einen beschämen könnte.

Wenn du das verstehst, dann kannst du dich vielleicht trotz deiner Scham an jemanden wenden.

Viele Menschen, die Gewalt, Missbrauch oder ähnliches erlebt haben, schämen sich unglaublich darüber zu sprechen. Ich höre das sooft in Coachings. “Oh, ich schäme mich so dafür, dass ich in dieser Beziehung geblieben bin, die so schlimm ist. Ich schäme mich darüber zu sprechen!” Menschen haben Angst verurteilt zu werden. Viele Frauen und Männer, mit denen ich spreche, sind sehr erfolgreich in ihrem Leben. Sie haben gute Jobs, einen großen Freundeskreis, eine schöne Wohnung etc. – aber das mit den Liebesbeziehungen will einfach nicht klappen! Die ist die Scham groß.

Ich verstehe das sehr gut. Trotzdem ist es wichtig zu wissen – es gibt so viele Menschen, die ähnliches durchmachen! Du bist nicht alleine damit.

Wichtig ist es, die Scham in den Kontakt zu bringen. Das bedeutet, wenn du immer alleine mit der Scham bleibst, bleibt auch der innere Konflikt. 1. Der, welcher die Scham auslöst und 2. der Konflikt mit der Scham selbst.

Das bedeutet, wenn du dich jemand Vertrauensvollem widmen kannst und er/sie dich in deiner Scham sehen darf und du siehst, dass er/sie dich sieht und vielleicht wertfrei und mitfühlend bleibt, kann sich die Scham auflösen und du kannst dich dem Bedürfnis dahinter widmen. 

Wenn du dich also z.B. schämst, dass du in einer schlimmen Beziehung warst und dich nicht gewehrt hast, oder dich schlimm gestritten hast und du traust dich, die Scham in den Kontakt zu bringen, dann kannst du die Scham überwinden und dich z.B. der Verarbeitung des Erlebten widmen.

Oder um mal ein ganz anderes Beispiel zu bringen: Wenn du dich schämst in einer Gruppe von Freunden etwas zu sagen, weil du Angst hast, es könnte etwas Blödes sein und du dich dann dafür schämst (und dich vielleicht auch dafür schämst, dass du dich schämst) dann könntest du mal ausprobieren, ob denn das Gefühl sich zu schämen, wirklich so schlimm ist. Was passiert, wenn deine Freunde merken, dass du dich schämst? Vielleicht unterstützen sie dich dann und sind mitfühlen? Das würde bedeuten, dass du mit ihnen sogar enger in Beziehung trittst. An dieser Stelle könntest du dann dein Bedürfnis nach z.B. Selbstausdruck verwirklichen + du hättest auch noch das Bedürfnis nach Bindung erfüllt, weil deine Freunde sich dir zugewendet haben.

Manchmal stehen zwei Bedürfnisse auch miteinander in Konflikt und das löst dann Scham aus.

Du kannst der Scham also begegnen, in dem du deine Emotionen einfach mal erlebst und aushältst. Und dazu gehört Toleranz dir selbst gegenüber und das wertfreie Wahrnehmen von dem, was da in dir passiert.

Empathie und Selbstfürsorge spielen eine wichtige Rolle im Umgang mit Scham und Schuld.

Um mit schwierigen Gefühlen besser umgehen zu können, gehört es aber auch, dass du die Fähigkeit hast dich zu entspannen, dass du Bedürfnisse auch mal aufschieben kannst und dass du Selbstmitgefühl aufbringen kannst. Das fördert auf jeden Fall den guten und gesunden Umgang mit Scham- und Schuldgefühlen.

Und natürlich auch die Fähigkeit, dass du deine Bedürfnisse und deine Emotionen in deinem sozialen Umfeld kommunizieren kannst.

Ein Erleben von Fürsorge und Wohlwollen von anderen, speziell bei Scham und Schuld, sind sehr wirkungsvoll. Es lohnt sich also sehr, die Scham zu zeigen und dort wo du dich sicher fühlst herauszulassen.

Scham hemmt uns sehr und das ist manchmal, vor allem, wenn es um die Verarbeitung von Erlebnissen geht, einfach hinderlich.

Menschen getrauen sich nicht, etwas an ihrer Situation zu verändern, halten Dinge geheim oder vertuschen etwas Schlimmes, das ihnen passiert ist. Menschen erfüllen sich Träume nicht, weil sie sich schämen, oder sind recht unfrei durch ihre Scham.

Neben den Dingen, die ich oben schon genannt habe, ist es sicherlich auch gut, das Ganze von außen zu betrachten und mit einem größeren Bildausschnitt – und dann kannst du möglicherweise sehen, dass nicht alles, wofür du dich schämst, WIRKLICH so schlimm ist. Manchmal tut uns auch eine Prise Humor gut, besser mit der Scham umzugehen. Sich selbst nicht so ernst zu nehmen und über sich lachen zu können, sind dabei gute Hilfsmittel.

Ich hoffe, du hast nun einen etwas leichteren Blick auf die Scham und deine ganz persönlichen Schamthemen bekommen. Es lohnt sich wirklich, mit der Scham in den Kontakt zu kommen, vieles, das uns große und schwer erscheint, kann dann leichter werden. 

Alles Liebe 

Maren

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