Sicherlich habe ich das Thema dieses Blogbeitrags schon öfter irgendwo angesprochen und es gibt übrigens auch einen Podcast von mir dazu. Heute möchte ich allerdings etwas ausführlicher darüber sprechen. Vielleicht kennst du das von dir, aber kennst den Mechanismus dahinter noch nicht. Oder du weißt nicht, wie du es ändern kannst?

Dann lies dir auf jeden Fall diesen Beitrag durch!

Ich möchte heute gerne über das allseits bekannte „Retterthema“ sprechen. Bzw. über die Tatsache, dass du deinen Partner/deine Partnerin aus seinem oder ihrem Leid nicht retten kannst. Ich weiß, dass viele Menschen, die mit schwierigen Beziehungen zu kämpfen haben, das denken – oder zumindest schonmal dachten, sie könnten das.

Vielleicht denkst du ja auch, es ist eben das, das ein sehr emphatischer und verständnisvoller Mensch eben tut. Vielleicht glaubst du auch, dass es etwas Ehrenhaftes ist. Schließlich muss es ja jemanden geben, der diesen Menschen nicht alleine lässt und für ihn da ist. 

Ich werde diese Sichtweise heute etwas herausfordern und vielleicht sogar verändern.

Natürlich hat jeder Mensch Liebe verdient! Sicherlich gibt es oft Gesagtes oder Handlungen, die dann bereut werden oder es wird die glaubhafte Versprechung gemacht, dass jemand sich ändern kann. Ich kenne auch das Gefühl, dass man einen Menschen nicht einfach ausschließen oder fallen lassen, kann. Erst recht nicht, wenn man die Vergangenheit dieser Person kennt. 

Ich kenne alle diese Argumente und die passenden Gefühle dazu. Sie haben alle ihre Berechtigung – und trotzdem bleibe ich dabei: Du bist nicht dazu da, deinen Partner zu retten!

Da sind wahrscheinlich Anteile aus deiner Kindheit in dir, die sich irgendwann zu Aufgabe gemacht haben, einen anderen zu retten, um Liebe zu bekommen. Wahrscheinlich ging es da um deinen Vater oder deine Mutter. Als Erwachsenen bringt uns so ein Verhalten jedoch innerhalb der Beziehung in Schieflage. Wir sind dann nicht mehr auf Augenhöhe mit unserem Partner.

Du kannst vollstes Verständnis für die Probleme deines Partners haben – aber lösen muss er sie selbst. Gerne mithilfe von einer weiteren Person (Coach, Therapeut…), aber nicht in der Hauptsache durch dich. Ich meine hier große Probleme. Also solche, die die Beziehung stark beeinflussen oder den Menschen selbst sehr stark umtreiben. Beispielsweise eine Depression, ein Suchtproblem oder eine Persönlichkeitsstörung oder andere starke psychische Probleme.

Nehmt ihr das mit in die Beziehung und versucht es innerhalb der Beziehung zu lösen, ist das einfach eine viel zu große Bürde. Da bleiben irgendwann Anziehung und Respekt voreinander auf der Strecke.

Im Gegensatz dazu ist es z.B. total erwachsen und großartig, wenn dein Partner sich Hilfe holt und du ihn/sie dabei unterstützt.

Damit eine Beziehung gesund ist und auch lange funktioniert, ist es wichtig keine starken Abhängigkeiten voneinander zu haben. Etwas emotionale Abhängigkeit besteht wahrscheinlich immer dort, wo man sich bindet – wirst du jedoch so abhängig, dass du auf das Verhalten des anderen angewiesen bist, du seinen Zuspruch für deinen Selbstwert brauchst und eine Unstimmigkeit dich sofort in innere Nöte bringt, dann ist es ein zu viel an Abhängigkeit.

Vielleicht kennst du auch diese Vorstellung, dass du ihn oder sie nur genug lieben musst, damit er/sie eine andere Erfahrung macht und merkt, was wahre Liebe ist und sich anders verhalten kann – durch dich heilen kann. Vielleicht denkst du, er/sie wird sich dann endlich zu dir bekennen oder seine Eifersucht in den Griff bekommen. Vielleicht glaubst du, wenn du genug liebst, dann wird der andere sich endlich so verhalten, wie du es dir vorstellst.

Das ist jedoch Quatsch! Du kannst einen anderen nicht aus einem eigenen Leid oder Elend heraus lieben. Das geht nicht. Diese Arbeit muss jeder selbst machen. Dabei geht es um tiefe Wunden und Bindungsverletzungen. Diese aufzuarbeiten, kann niemals jemand anderes für dich übernehmen.

Ich glaube, Hochsensible oder sehr emphatische Menschen haben an manchen Stellen einfach viel zu viel Mitgefühl. Sie sind oft viel zu nachsichtig und haben keine oder kaum Grenzen. Warum? Z.B. weil Streit und Konflikt nicht mögen, da sie harmoniebedürftig sind uns sich nach Liebe sehnen.

Klar, wenn das bei dir so ist, dann MUSST du ja für alles Verständnis haben, um möglichst keinen Konflikt zu riskieren. Dann MUSST du angepasst sein und deine Bedürfnisse um die des Partners herumlegen. Meistens können Empathen das besonders gut, weil es das ist, was sie in ihrer Kindheit gelernt haben – weil es damals überlebenswichtig war.

Es gibt aber einfach eine gesunde Grenze für dieses hohe Maß an Mitgefühl. Nämlich dort, wo wir es mit dysfunktionalen Mustern zu tun haben. Das heißt dort, wo Manipulation, Aggression, Abwertung, psychische oder physische Gewalt oder eben ein Verhalten, das uns nicht guttut, herrschen.

Dort braucht es keine Empathie, sondern Abgrenzung. Die Empathie kann ein Mensch, der psychische Probleme hat, auf jeden Fall in Therapie bekommen, aber als gegenüber des alltäglichen Lebens, als Partner oder z.B. Mitarbeiter, ist es super wichtig Grenzen aufzuzeigen. Sonst passiert es leicht, dass jemand seine Grenzen immer wieder austestet. 

Das bedeutet immer dann, wenn in dir dieser mitfühlende Teil angeht, dann frage dich unbedingt, ob das gerade überhaupt angemessen ist. Frage dich, ob du selbst gerade auf der Strecke bleibst, wenn du jetzt dein Mitgefühl auspackst und was in dir jetzt unbedingt mitfühlend sein will. Versuche die Situation einmal von außen zu betrachten. Wie sieht das Ganze von außen aus? Was ist hier gerade wirklich das RICHTIGE?

Ein Partner, der dir guttut, der sich gesund, der gesund für dich ist, der sich sicher binden kann – der kann sich auch um sich selbst kümmern und muss nicht von dir gerettet werden! Dieser Jemand versteht, was gesunde Abgrenzung ist und wirft sich einerseits, nicht selbst kopflos in die Beziehung hinein, erwartet es andererseits aber ich nicht von dir. 

Überprüfe bitte mal, was es mit dir macht, was in dir passiert, wenn ich dir nun sage: Du wirst nicht als RetterIn gebraucht.

Vielleicht hast du das so sehr als deine Aufgabe oder deine Daseinsberechtigung angenommen, dass du automatisch Menschen anziehst, die du retten musst/die von dir gerettet werden wollen. Wozu wärst du sonst da? Vielleicht gibt es dir ja auch das Gefühl, dass du die „Normale“ in der Konstellation bist, oder dass du die Kontrolle hast. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, warum du retten willst.

Was würde passieren, wenn du auf einmal mit einem Mann oder einer Frau zusammen kommen würdest, die kein Päckchen mitbringt, die keine Probleme hat und sich um sich selbst kümmern kann? Vielleicht fühlt es sich schwierig für dich an, wenn man dich auf diese Art und Weise gar nicht braucht. Vielleicht ist es ungewohnt und sogar beängstigend?

Aber was genau bedeutet „retten wollen“ überhaupt?

Retten ist, wenn du dich der psychischen (oder anderen) Probleme deines Partners/deiner Partnerin annimmst, als wären es deine eigenen. Aber beispielsweise auch, wenn du anfängst das Leben deines Partners zu regeln, viele Aufgaben übernimmst oder auch stark beschützende Aspekte in dir auftauchen. Wenn du das Gefühl bekommst, ohne dich würde dein/e Partner/in nicht klarkommen. Es kann immer eine Phase in einer Beziehung geben, in der das so ist und wenn das auf beiden Seiten mal vorkommt, ist nichts dagegen zu sagen. Wenn es jedoch ein Dauerzustand ist (auch wenn es vielleicht als Phase bezeichnet wird), dann sind wir ganz schnell wieder im Bereich von Abhängigkeiten. 

Aber natürlich auch, wenn du das Gefühl hast, du könntest deine/n Parter/in nicht verlassen, weil er/sie sich sät etwas antun würde. 

Nicht selten habe ich auch Männer im Coaching, die in ihrer Kindheit ständig das Gefühl hatten, sich um ihre Mutter kümmern zu müssen. Sie glücklich machen zu müssen und für sie da zu sein, weil beispielsweise der Vater viel arbeiten musste, nie da war oder sonst irgendwie nicht für die Mutter da war. Diese Männer haben später häufig Partnerinnen, um die sie sich ebenfalls kümmern müssen. Sie haben das Gefühl, die müssen die Partnerin immer glücklich machen und wenn dies nicht passiert, haben sie ein schlechtes Gewissen.

Aber Liebe ist etwas Freiwilliges. Alles, was von Abhängigkeit geprägt ist, weil einer ohne den anderen nicht kann oder weil einer sich, für den anderen aufopfert oder zwanghaft nur an ihn/sie denkt, vielleicht zwanghaft mit der Beziehung beschäftigt ist, ist nicht freiwillig. Dann gibt es einen inneren Zwang und keine innere Entscheidungsmöglichkeit, sich jetzt auch mal komplett und unabhängig auf etwas anderes zu konzentrieren. Das ist, wenn überhaupt, eine sehr abhängige Liebe. Wobei es mir schwerfällt, das als Liebe zu bezeichnen.

Du bist niemandem für seine Liebe etwas schuldig. Man liebt, weil man liebt und wenn man gemeinsam in einer Beziehung ist, dann gibt jeder, weil er/sie liebt und nicht weil es etwas gutzumachen gibt, weil es etwas zu erfüllen gibt oder weil man nur dann richtig liebt, wenn man alles gibt.

Verstehst du den Unterschied? 

In der einen Version musst du etwas tun, weil du gelernt hast, dass es das ist, was Liebe bedeutet – da ist Liebe an ganz viel Bedingungen geknüpft, die hauptsächlich in deinem Kopf entstehen (natürlich, weil du das irgendwann mal so gelernt hast). In der Version, die ich als Liebe bezeichnen würde, gibt es die Freiwilligkeit zu handeln. Du gibst, weil es gerade dein freier Wille ist und du hast innerlich auch die Möglichkeit mal nicht zu geben. Es folgt keinem Zwang oder Gesetz. Und wenn du nicht gibst, bedeutet das nicht, dass die Beziehung automatisch in Gefahr ist.

Zurück zum Thema „zu viel Verständnis“: ich denke, du kannst Verständnis für jeden Menschen haben, aber unabhängig davon, musst du dir überlegen, ob du mit diesem Menschen auch eine Beziehung führen kannst, die schön ist, die stabil ist, die Spaß macht und die auch Zukunft hat. Ich kann Verständnis für einen Menschen haben und mich trotzdem gegen eine Beziehung zu ihm/ihr entscheiden. Das habe ich selbst schon z.B. in Freundschaften erlebt. Ich verstehe viele Verhaltensweisen von Menschen, aber wenn mir jemand nicht guttut, dann hat er in meinem Leben nichts verloren. Ich bin gerade deshalb so klar in diesem Punkt, gerade WEIL ich so viel Verständnis habe und gerade deswegen diese klare Abgrenzung brauche, damit ich Menschen in meine Nähe lasse, die es wirklich gut meinen.

Wie kannst du dich also darin stoppen, immer so viel Mitgefühl zu haben, auch wenn es eigentlich gar nicht angemessen ist?

Ich würde dir zunächst empfehlen, dich dabei zu beobachten, was es für Glaubenssätze in dir gibt, wenn du Mitgefühl zeigen willst, wenn du das Gefühl hast, du musst jemanden retten.

Was glaubst du, was Liebe ist? Was hast du vorgelebt bekommen, was Liebe ist? Und nach allem, was du jetzt von mir gehört hast, mit dem Wissen, das du sicherlich auch schon hast – frag dich, wie du WIRKLICH Liebe erfahren und leben möchtest. 

Was ist dir in der Liebe wichtig? Wie stellst du dir eine schöne und gesunde Partnerschaft vor? Was trägt dazu bei, dass ihr auf Augenhöhe seid und was verhindert das vielleicht? Wir sprechen hier ja über erwachsene Beziehungen zwischen Mann und Frau oder erwachsene gleichgeschlechtliche Beziehung, aber die Betonung liegt auf erwachsen. Welches, vielleicht kindliche Beziehungsverhalten bringst du momentan noch mit? Was glaubst du für einen Partner erfüllen zu müssen oder was soll ein Partner für dich erfüllen? Was wäre ein erwachsenes Verhalten?

Komm dir mit diesen Fragen erstmal selbst auf die Schliche, entdecke deine Muster!

Sicherlich bist du nun um die ein oder andere Erkenntnis reicher und kannst diese mit in dein Beziehungsleben nehmen. Alles beginnt damit, sich seiner Muster bewusst zu werden.

Alles Liebe

Maren

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