Heute möchte ich mal wieder einen Schwank aus meinem Leben erzählen, etwas das mir erst kürzlich passiert ist und das sehr exemplarisch für mich ist bzw. dafür, wie man sich entwickeln kann und wie man bessere/gesündere Entscheidungen treffen kann.

Warum erzähle ich das? Nun ja, es gibt ja Gründe, warum ich irgendwann in meinem Leben einen toxischen Partner angezogen habe und mit ihm durchlebt habe, was ich eben durchlebt habe.

In meiner Recherche über toxische Beziehungen und in meiner Arbeit mit Frauen, die toxische Beziehungen erlebt haben, gab es immer wieder einige Parallelen in der Art und Weise, wie wir unser Leben leben und wie wir die Dinge angehen. Es gibt Überschneidungen in der Art, welchen Anspruch wir an uns und an unsere Aufgaben haben und in unserer Sicht auf die Dinge.

Ich würde fast schon sagen, wir sind vom gleichen “Menschenschlag” und so ist meine Schlussfolgerung, dass meine Erkenntnisse eventuell Frauen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, auch weiterhelfen können.

Es geht darum wie wir, diese Menschen, uns sehr oft über Leistung definieren.

Wie wir immer funktionieren wollen, wie wir gelernt haben, dass wir alles durchstehen und aushalten können, wie wir einfach nicht aufgeben wollen, selbst wenn wir uns schon lange selbst damit weh tun und wie wir gerne alles unter Kontrolle haben möchten.

Ich behaupte, bewusst oder unbewusst haben viele meiner LeserInnen, ZuseherInnen und KlientInnen, diese Themen auch in ihrem Leben.

Oft sind wir sehr erfolgreich in dem was wir tun. Wir sind organisiert, strukturiert, bekommen vieles gleichzeitig auf die Reihe und bemühen uns alle zufriedenzustellen.

Wenn wir dann Lob und Anerkennung für unsere Leistungen bekommen, geht uns das herunter wie Öl. Meckert jemand an der Ausführung unserer Arbeit oder entdeckt einen Fehler, tun wir alles damit uns das nicht nochmal passiert. Wir hassen es zu enttäuschen, wenn wir Erwartungen nicht erfüllen können (fraglich, ob es diese Erwartungen tatsächlich oder nur in unserem Kopf gibt) und wir wollen einfach gut funktionieren, damit das System auf keinen Fall an unserem Rädchen hakt.

Ja, ich muss sagen, ich habe lange Zeit genau so gelebt. Immer darauf bedacht alles richtigzumachen. Ich habe alles überanalysiert und genauestens durchdacht, war überall schnell eingearbeitet und vorbereitet. In meiner Wahrnehmung war es gar nicht so extrem, ich hätte es auch überall noch besser machen können – tatsächlich habe ich mir aber wenig Luft und Freiraum gegeben.

Irgendwann habe ich dann festgestellt, dass der Raum um mich immer enger wird und dass ich mich wie in ein selbstgebautes Gefängnis begeben habe. Es war Zeit auszubrechen, die Zügel locker zu lassen, die Kontrolle auch mal abzugeben.

Auf diesen Entschluss folgten viele Jahre Arbeit und ich bin sehr oft an meine Grenzen gekommen.

Auch heute habe ich diese Anteile noch in mir. Sie sind zwar wesentlich schwächer geworden, aber sie sind noch vorhanden. Das ist okay, sie machen mich natürlich auch als Mensch aus. Ich möchte sie nur so weit abschwächen, dass ich mir selbst nicht im Weg stehe.

Das Schöne ist, dass durch die jahrelange Arbeit daran, mein System mir nun inzwischen von selbst sagt, wann es genug ist und ich mich über einen bestimmten Punkt gar nicht weiter hinaus pushen kann!

In diesem ganzen Zusammenhang habe ich mich irgendwann auch dazu entschieden, mich selbstständig zu machen. Ich hatte keine Lust mehr auf diese Leistungsgesellschaft in der man immer den Zielen anderer hinterherrennt und sich manchmal vorkommt als würde man mal wieder durch den Stall getrieben werden. Kein Bock mehr auf Sklaventreiber.

Ich wollte anders arbeiten. Freier intuitiver, kreativer und örtlich nicht angebunden, meinem weiblichen Zyklus entsprechend.

Also habe ich mich auf den Weg gemacht herauszufinden, wie ich das am besten umsetzen kann.

Eine wunderbare, persönliche und berufliche Reise hatte begonnen. Mit Sicherheit anstrengend und aufwändig, aber jede Sekunde wert.

Und wie das manchmal so ist, wenn man sich selbstständig macht, geht die Ablösung vom alten in das neue Dasein oft schrittweise. Die Übergänge sind fließend und man muss herausfinden, was nicht mehr zu einem passt und was noch gut ist.

So hatte ich also noch einen Nebenjob, um ein bisschen mehr (vermeintliche) Sicherheit zu haben.

Dieser Nebenjob war in einem Café. Etwas das mir leicht von der Hand geht und das ich schon während meines Studiums viele Jahre und auch danach immer wieder (manchmal hauptberuflich) gemacht habe. Ich verstehe Gastronomie im Schlaf.

Und da liegt ein Teil des Hundes begraben. Es ist etwas aus früheren Zeiten. Ich habe mich inzwischen so sehr weiterentwickelt, dass ich mich von der Faszination für Gastronomie komplett entfernt habe.

Und nun musste ich erkennen, dass mir alles daran irgendwie so gar nicht mehr entspricht. Am Anfang wollte ich das nicht so ganz wahrhaben, aber nach und nach habe ich verstanden warum.

Alles daran möchte ich jetzt nicht mehr leben. Den ständigen Stress und das unter Strom stehen (habe ich früher geliebt), das immer hin und her Laufen und so lange auf den Beinen sein (habe ich früher geliebt), es allen und jedem recht machen zu wollen (habe ich früher geliebt), ständig ein Lächeln auf den Lippen haben und freundlich sein (ja, auch das), immer den Überblick über alles haben und die Kontrolle über alle Abläufe zu behalten – an tausend Sachen gleichzeitig zu denken (oh Gott, auch das fand ich toll). Ja, alles das fand ich zu einer anderen Zeit in meinem Leben wohl richtig gut!

Doch je mehr ich herausfinde, was mir wirklich guttut und wie ich mein Leben wirklich leben will umso weniger attraktiv erscheinen mir all diese Dinge. Ich will nicht mehr funktionieren müssen, egal wie ich drauf bin. Ich will nicht mehr alles geben müssen, bis ich am Ende des Tages erschöpft ins Bett falle. Ich finde stressige Situationen nicht mehr erstrebenswert und spannend.

Nein, ich habe jetzt eine völlig andere Sichtweise auf Erfolg, Anerkennung und was es bedeutet sich zu spüren.

Seither ist mein Leben deutlich entschleunigt, ruhiger, achtsamer und mir geht es wesentlich besser als früher.

Und als ich mich dann in diesem Nebenjob wiederfand und ich von meinem Chef darauf angesprochen wurde, dass ich manchmal ein bisschen verträumt und nicht ganz bei der Sache sei, dachte ich ja – weil ich das nicht mehr bin. Weil ich dort nicht mehr sein will. Ich kann keine Leidenschaft mehr für etwas aufbringen, das mich am Ende nur anstrengt und mir da Gefühl gibt, ich muss wie eine Maschine funktionieren. Ich habe so viele Jahre damit verbracht…

Also habe ich für mich entschieden, dass ich zwar weiterhin einen Nebenjob haben kann, aber dass dieser sich einfach anders gestalten muss. Ich kann mir aussuchen, wie sich mein Leben gestalten soll – jeder der in dieser Gesellschaft lebt hat die Möglichkeit. Zumindest können kleine Dinge verändert werden, die die Situation verbessern. Wir müssen nicht alles aushalten und durchstehen, nur weil wir das so gelernt haben und wir so konditioniert sind. Es darf auch leicht oder weniger anstrengend sein und ist deshalb nicht weniger wert. Es bedeutet nicht, dass man nicht gut genug ist, wenn man nicht alles leistet, wenn man statt 100 % nur 80 % gibt – es bedeutet, dass man intelligente und selbstliebende Entscheidungen treffen kann und inzwischen seine eigenen Grenzen einhält. Nur dann können das auch andere.

Manchmal braucht man etwas Zeit bis man sich selbst eingesteht, dass bestimmte Dinge einfach nicht mehr zu einem passen, auch wenn man die letzten 10 Jahre so gelebt hat.

Wir verändern uns und wir entwickeln uns weiter. Da ist es ganz normal, dass ganz neue Dinge auf eine zukommen und alte gehen.

Unterm Strich möchte ich einfach dazu ermutigen, dass wir nicht alles perfekt machen müssen und wir nicht bis zum Schluss kämpfen müssen, wenn es ab der Hälfte schon anstrengend wird. Man muss nicht alles versucht haben, um etwas zu retten, man darf auch mal gehen, wenn es einfach zu viel wird. Nein, der Schmerz muss nicht unendlich sein, bevor man sich befreit.

Nur, weil man Schmerz von früher kennt, muss man nicht weiterhin Schmerz anziehen oder erfahren.

Inzwischen erkenne ich immer früher wann ich etwas nur tue, weil es meine Konditionierung ist und wann ich es wirklich will. Manchmal schreit das Ego, aber dann lasse ich es einfach schreien und tue trotzdem das, was gut für mich ist.

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass auch du immer mehr erkennst, was gut für dich ist und an welchen Stellen du mitfühlender und weicher mit dir selbst sein darfst!

Wo, in deinem Leben kannst du die Identifikation mit Schmerz und harter Arbeit/Durchhaltenmüssen loslassen?

Alles Liebe,

Deine Maren

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