Im heutigen Artikel wage ich mich mal an ein Thema heran, das mir sehr viel Respekt einflößt, sodass ich mich lange davor gedrückt habe darüber zu schreiben. Obwohl ich tagtäglich darüber rede ist es mir doch nicht ganz leicht gefallen mich hinzusetzen und das einmal zu Papier zu bringen. Warum? Dieses Thema ist gefühlt riiiiiesig und ich kann so wahnsinnig viel dazu sagen, dass ich gar nicht so richtig weiß, wo ich anfangen soll – oder wo das hinführen soll.

Aber da ich erst gestern wieder mit einer Klientin darüber gesprochen habe und mir wieder einmal klargeworden ist, wie wichtig es ist – möchte ich nun endlich ein paar Worte darüber loswerden. Es sollen ein paar Denkanstöße sein, denn bei Weitem kann ich nicht alles in einem Artikel zusammenfassen.

 

Es geht um Muster. Die eigenen Muster und die Muster, die wir von den Eltern übernommen haben. Um genauer zu sein, möchte ich über das Beziehungsmuster/Bindungsmuster scheiben.

Ich werde dies nun exemplarisch an Frauen erklären. Mal angenommen du bist eine Frau – weißt du welches Beziehungsmuster du fährst und was das mit deiner Mutter zu tun hat? (wenn du ein Mann bist, könntest du das Ganze auch auf dich und deinen Vater beziehen).

Stell dir gerne die Frage in welche Art von Beziehungen du dich begibst, welche Art von Männer findest du attraktiv, wie wirst du in deinen romantischen Beziehungen behandelt, was wiederholt sich darin immer und immer wieder und welches Frauenbild hast du eigentlich? Gibt es einen Zusammenhang zwischen deinem Verhalten, dem Verhalten deiner Mutter und Großmutter?

 

Sich diese Dinge genauer anzuschauen ist ungeheuer wichtig. Zu reflektieren, was man tut oder anzieht, wo man sich hineinbegibt und weshalb das so ist, halte ich für so wichtig, weil es uns sehr viel Erkenntnis über uns selbst liefern kann und wir unser eigenes Verhalten besser einordnen können. Wir erkennen dann auch, wo die Dinge eventuell problematisch sind und wie wir daran arbeiten können. Wir stochern sozusagen nicht mehr länger im Dunkeln und gerade, wenn man ein Thema mit toxischen Beziehungen hat, ist das essenziell um zu heilen und da nicht wieder hineinzugeraten.

Hast du dich denn schonmal gefragt was dein Beziehungsverhalten mit dem Verhalten deiner Mutter zu deinem Vater, oder ihrem Partner zu tun hat? Oder anders herum, was das Beziehungsverhalten deiner Mutter über dich aussagt. Kannst du da Parallelen sehen?

Ich würde vermuten am Anfang nicht. Wenn du dich vielleicht schonmal damit auseinandergesetzt hast, könnte es sein, dass du da schon so Manches wiedererkennst.

Das heißt nicht, dass dein Verhalten eins zu eins wie, das deiner Mutter ist – das kann sich ganz anders gestalten. Dein Partner oder Ex-Partner muss nicht wie dein Vater sein, aber es wird bestimmte Merkmale geben oder Verhaltensweisen, die dieselbe Wirkung haben, denselben Effekt auf dich, wie deine Mutter es erlebt hat.

 

Als Beispiel: hat deine Mutter sich bevormunden lassen, hat sie sich herumkommandieren lassen? Hast du das Gefühl, dass sie respektlos von ihrem Mann behandelt wurde? Wurde sie unterdrückt, konnte sie nicht wirklich sie selbst sein, war sie vielleicht abhängig von deinem Vater in irgendeiner Form – emotional oder finanziell oder war sie vielleicht unselbstständig, was die Organisation des Haushaltes angeht oder der Lebensplanung?

Hat sie sich vielleicht stark untergeordnet, angepasst, den Vorstellungen deines Vaters entsprochen?

Wenn du diese Dinge in deiner Mutter wieder erkennst, dann kannst du dich einmal fragen, wo diese Dinge in deinem Leben so oder in anderer Form wieder auftauchen.

Meistens braucht es eine toxische Beziehung bis wir verstehen, dass es nicht normal ist respektlos behandelt zu werden. Was wir als “normal” gelernt haben (weil es die Mama ja schon so gemacht hat und sie als Kind unser weibliches Vorbild ist), ist eventuell gar nicht normal. Wir erkennen das nur deshalb nicht, weil wir es ja genau so beigebracht bekommen haben. Wir kennen nur diese Version von “in Beziehung treten”.

Was wir vielleicht an dem Verhalten unserer Mutter nie verstanden haben, taucht dann oft unerkannt bei uns selbst wieder auf.

Welches Muster deiner Mutter wiederholst du also heute?

 

Ich finde es auch unglaublich spannend sich zu überlegen, welches Frauenbild die eigene Mutter hat bzw. wie sie ihre Weiblichkeit lebt oder wie sie diese ausleben darf. Wird sie geehrt und betont oder eher unterdrückt oder gar verachtet. Wie steht ihr Partner zum Thema Weiblichkeit? Wie denkt er eigentlich wirklich über Frauen? Wie sind die beiden miteinander? Wie werden Männlichkeit und Weiblichkeit in ihrer Beziehung gelebt?

Es ist deshalb so spannend, weil es alles darüber aussagt welche Konflikte zum Thema Weiblichkeit du in dir trägst. Wie du deine Weiblichkeit wertschätzen und ausleben kannst, wie du zu dir als Frau stehst und wie deine Partner dich als Frau wahrnehmen.

Nehmen wir mal an deine Mutter konnte sich in ihrer Weiblichkeit in ihren Beziehungen oder in ihrer Ehe nicht ausdrücken. Sprich, sie hat sich als weibliches Wesen wahrgenommen, hat ihr aber keinen Ausdruck verschafft. Sie hätte sich vielleicht gerne sexy angezogen oder figurbetont, hätte sich gerne mal geschminkt oder mehr Kleider getragen. Hätte sich vielleicht gerne öfter Wellness gegönnt, wäre mit Freundinnen ausgegangen, hätte knallroten Lippenstift getragen, laut getanzt und gelacht. Nicht, dass nur diese Dinge Ausdruck von Weiblichkeit sind, aber sie veranschaulichen am deutlichsten was ich meine.

Stattdessen hat sie vielleicht genau diese Dinge verachtet. Nach dem Motto – es ist billig seine Reize zu zeigen, sich zu schminken oder Kleider zu tragen die Figur betonen ist zu sexy, laut lachen und tanzen ist ordinär. Nein lieber zeigt man, dass man was auf dem Kasten hat und sich gut anpassen kann – dann wird man auch bestimmt nicht als Flittchen wahrgenommen.

 

Kennst du das vielleicht von deiner Mutter? Es gibt sicherlich auch ganz andere Arten Weiblichkeit auszudrücken – aber wovon ich hier rede ist die Angst sich nicht so zu zeigen wie man ist, sich nicht in allen Facetten ausdrücken zu können aus Angst vor Abwertung.

Nun kann es sein, dass dein Partner aber gerade diese Dinge mochte und du dich auch sexy kleidest, Make-up trägst, tanzt und lachst, wie es dir in den Kram passt. Das ist auch sehr gut, aber es könnte sein, dass dein Partner oder Ex-Partner auch genau das von dir verlangt – sonst bist du ja keine richtige Frau. Du sollst schon sexy für ihn sein und zeigen was du hast, schließlich will er ja auch Lust auf dich haben.

Vielleicht gefallen ihm bestimmte Outfits ganz besonders gut und er mag es, wenn du lackierte Nägel hast und roten Lippenstift trägst. Daran ist per se auch nichts Schlechtes, aber was ist, wenn er das am liebsten immer so hätte? Wenn die “ganz normale” Version von dir nicht so gerne gesehen ist und du das Gefühl hast, du musst dich immer schick für ihn machen?

 

Und hier ist der Punkt. Auch das ist eine Form der weiblichen Abwertung und Unterdrückung. Hier geht es um deine natürliche Weiblichkeit. Auf einmal ist es nämlich die, die nicht mehr gewollt und gerne gesehen ist. Jetzt darfst du dich zwar in deiner sexy Version und Schönheit austoben, aber das andere darf nicht mehr sein. Wir sind damit am anderen Ende des Spektrums mit dem gleichen Grundproblem angekommen.

Soll heißen: Auch wenn du auf den ersten Blick die Parallelen von deinem Verhalten und dem Verhalten deiner Mutter nicht sehen kannst, so können sie doch in versteckter Form vorhanden sein. Du musst nur ein bisschen genauer hinschauen.

Die Psyche ist komplex und denkt sich manches geschickt aus, aber je eher du akzeptierst, dass es diese Parallelen gibt, desto schneller kannst du dieser erkennen und dann auch auflösen bzw. einfach ganz aktiv daran arbeiten, dass du nicht dieselben Muster fährst und nicht dieselben Fehler machst wie deine Mutter. An sich weißt du nämlich schon, dass das nicht gut ist – du musst nur lernen wie es anders geht und verstehen was es bedeutet eine gesunde und glückliche Beziehung zu führen.

Wenn wir das als Kinder nicht vorgelebt bekommen haben, dann müssen wir uns eben als Erwachsene Schritt für Schritt aneignen, was das bedeutet – wir müssen sozusagen umlernen oder umschulen wie man so schön sagt.

Das ist auf gar keinen Fall unmöglich, aber wir sollten uns vorher genau anschauen worum es geht.

 

Beobachte einmal deine Eltern/deine Mutter in ihrem Verhalten. Versuche dich zu erinnern, wie du sie als Kind erlebt hast, wie du sie heute erlebst und was dir vielleicht im Vergleich zu anderen Beziehungen, die du miterlebt hast, auffällt.

Für mich waren die Erkenntnisse, die ich daraus gewonnen habe sehr, sehr spannend. Ich habe richtig viel über mich selbst gelernt und verstanden, wo ich ansetzen muss.

Ich wünsche dir eine Erkenntnisreiche Zeit und viele Aha-Momente! Wann immer du Fragen dazu hast, kannst du gerne auf mich zukommen.

 
 

Alles Liebe,

Maren

 

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