Wer mich kennt weiß, dass ich die Nachdenkerin schlechthin bin – bzw. lange Zeit war. Ich denke ich habe eine neue Stufe des Nicht-Nachdenkens erreicht und weil ich das als eine Erleichterung und Verbesserung der besonderen Art halte, möchte ich gerne einige Worte dazu verlieren.

Grundsätzlich ist Nachdenken und die Liebe zu Gedankenexperimenten natürlich nichts Schlechtes und sicherlich hat mich das auch dazu gebracht, dass ich meinen Beruf so ausüben kann, wie ich es tue und auch dazu, dass ich in der Lage bin schier endlos Inhalte zu erstellen und Texte zu verfassen. Daher – ich finde das Nachdenken ist etwas Tolles und ich bin dankbar, dass ich schon so viel in meinem Leben nachgedacht habe.

Allerdings – und jetzt kommt das große ABER – habe ich wahrscheinlich auch zu einem ziemlich großen Teil darunter gelitten!

Ich habe nicht nur persönlich Schwierigkeiten damit gehabt in dem Sinne, dass ich gedanklich alles auseinandergenommen und über analysiert habe, in dem Glauben dann könnte ich besser mit Situationen umgehen und Menschen besser einschätzen – ich war auch einfach nicht in der Lage nicht andauernd in Gesprächen in absolute Tiefen abzutauchen.

Das kann man nun als etwas Positives erachten in dem Sinne, dass man sich denkt “ach, ich kann einfach nicht oberflächlich sein”, aber eigentlich hat es eine Schwere in jedes Gespräch gebracht, wo auch manchmal Leichtigkeit schön gewesen wäre!

Es wird eben dann problematisch, wenn man nicht anders kann, als immer alle Dinge in der Tiefe zu betrachten. 

Nun will ich damit nicht sagen, dass Smalltalk inzwischen mein liebstes Hobby ist, aber es gibt tatsächlich Augenblicke, in denen es schön ist sich auch mal über Banalitäten zu unterhalten und sich einfach am (gemeinsam) sein zu erfreuen. Wenn ich mir andauernd über alles und jeden, tiefschürfende Gedanken mache, nehme ich irgendwann nicht mehr wahr, was gerade wirklich passiert – nämlich vielleicht einfach auch mal nichts.

Der Moment IST einfach gerade, ohne dass man ihm gedanklich gleich eine spezielle Bedeutung beimessen muss. Dann verliert man nämlich die Verbindung dazu – das Gefühl dafür den Moment einfach so zu genießen, wie er eben gerade ist. Einfach präsent zu sein und wahrzunehmen.

Und natürlich ist das obsessive Nachdenken in gewisser Weise auch einfach ein Kontrollzwang.

Wir denken ja meistens über Dinge nach, deren Bedeutung oder Entwicklung wir nicht erkennen können und versuchen dann die Sache über unseren Intellekt richtig einzuordnen. Am besten wir bekommen dann auch noch die richtigen Hinweise, dass unsere Theorie stimmt, wir suchen nach der Bestätigung unserer Theorie.

Dem übermäßigen Nachdenken im Inneren entspricht das übermäßige Ausdiskutieren oder Zerreden im Außen.

Beides ist schlichtweg die Flucht vor Gefühlen und Emotionen mit denen wir nicht klarkommen. Weiterhin geht die ganze Sache ja nicht nur auf unsere eigenen Kosten, sondern im Prinzip auch auf die Kosten von jedem mit dem wir in engerem Kontakt stehen. Vielleicht haben wir Freunde, die genauso viel Nachdenken wie wir, dann können wir viele Stunden des gemeinsamen Nachdenkens verbringen.

Aber es wird sicherlich auch Menschen in unserem näheren Umfeld geben, die nicht so viel Nachdenken wollen oder müssen und für diese wird es meistens anstrengend. Wenn wir uns in Gedanken im Kreis drehen, dann drehen wir den anderen auch immer mit – anstatt vielleicht einmal über eine Sache nachzudenken und dann einfach ins Tun zu kommen. In die Umsetzung zu kommen. Menschen die weniger denken und mehr umsetzen oder mehr geschehen lassen (ohne Kontrolle) treibt das in den Wahnsinn.

Was du dir als Hilfestellung angewöhnen kannst: Eine Aussage oder Feststellung einer anderen Person ist zunächst erstmal eine Information. Sie braucht noch keine Interpretation deinerseits um angenommen und verwertet werden zu können.

Ich glaube Männern fällt das meistens wesentlich leichter als Frauen, das ist es zumindest, was ich beobachtet habe. Wir brauchen also nicht denken, dass hinter jeder Aussage eine versteckte Botschaft steckt, sondern können das Gesagte zunächst als reine Information aufnehmen. Natürlich gibt es einige Menschen, die nicht sagen was sie meinen und glauben der andere wäre schon in der Lage die Zwischentöne richtig zu deuten, aber ehrlich gesagt ist das dann das Problem der Person und nicht deines.

Wenn die Menschen einfach klar kommunizieren würden und Kommuniziertes einfach klar aufnehmen würden, hätten wir wahrscheinlich sehr viel weniger Schwierigkeiten miteinander und ich vielleicht keinen Job mehr.

Zu viel des Nachdenkens kann Menschen also auch wirklich von dir entfernen und abstoßend wirken, weil eigentlich niemand Lust auf Kompliziertes und Drama hat. Ich glaube im Prinzip du selbst natürlich auch nicht.

Es gilt das richtige Maß zwischen Kommunikation in Form von Sprache und nonverbaler Kommunikation zu finden.

Manchmal ist es einfach viel besser nicht so viel zu reden und manchmal ist es eben gerade wichtig zu reden – bzw. zu kommunizieren. Das Kommunizieren kann auch auf ganz anderen und vielleicht viel verständlicheren Ebenen stattfinden.

Um das viele Nachdenken loslassen zu können, braucht es das Vertrauen, dass das gar nicht notwendig ist – dass es nicht die einzige Möglichkeit ist die Welt zu verstehen.

Durch Erleben, Fühlen, Wahrnehmen ist die Welt meist viel besser verdaulich und erklärt sich von Moment zu Moment.

Indem du dich immer wieder daran zurückerinnerst, im Falle des Zerdenkens einfach wahrzunehmen was gerade ist und über deine Sinne in den Moment zu kommen… wirklich zu fühlen was du gerade fühlst, kannst du dich schrittweise davon loslösen. Mit der Zeit erkennst du, dass das wirklich gut klappt und dass du dadurch vielleicht viel gelassener oder effektiver in deinen Aufgaben wirst. Aus meiner Erfahrung heraus, haben sich dadurch eigentlich nur positive Effekte ergeben. Ich hatte nicht einen Moment wo ich dachte “oh, über diese Situation habe ich jetzt aber echt zu wenig nachgedacht!”. Es war und ist eigentlich eher anders herum. Manchmal schweife ich immer noch ab, obwohl es mich nicht weiterbringt und ich inzwischen auch einfach ein wenig müde geworden bin so viel nachzudenken.

Es gibt so viel Schönes zu erleben und zu spüren – Momente, die einfach tatsächlich stattfinden und nicht nur ein Szenario in meinem Kopf sind.

Egal, ob du dir etwas positiv oder negativ ausmalst. Die Antwort wirst du sowieso immer erst im entsprechenden Moment erfahren, also kannst du dich bis dahin auch einfach entspannen.

Was mir weiterhin sehr geholfen hat – der Kontakt zu Menschen, die authentisch sind und die mich auch so sein lassen wie ich bin. Wenn ich mich unter Menschen wohlfühlen kann und weiß, dass ich meine Grenzen setzen kann, dann brauche ich später nicht so viel Nachdenk- und Grübelzeit in der ich mich erstmal wieder sortieren muss. Ja, auch das hängt zusammen. Wenn du deine Grenzen nicht ziehen kannst bzw. sie ständig überschritten werden, brauchst du viel mehr Regenerationszeit/Zeit alleine, in der du deinen Schutzraum wieder aufbauen kannst.

Als Hilfe aus dem Gedankenkarussell herauszukommen, ist es gut, wenn es Dinge in deinem Leben gibt, die dich wirklich begeistern und für die du Leidenschaft empfindest. Diese bringen dich meistens ganz schnell in den Moment zurück und lassen dich vergessen viel nachzudenken. Oder z.B. auch Zeit mit Tieren oder Kindern, können dir dabei helfen ganz in den Moment zu kommen. Du wirst lernen, dass du nichts verpasst, wenn du nicht nachdenkst.

Ich bin vor allem in den letzten zwei Jahren dadurch auch immer spontaner geworden und habe viel mehr schöne und überraschende Erlebnisse als früher.

Ich hoffe du hast nun einige Ideen bekommen, warum es ganz gut ist das Denken auch mal sein zu lassen. Viel Erfolg dabei!

Alles Liebe,

Deine Maren

 

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